Fraktionserklärung zum Klimaurteil

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen,

Ich verlese Ihnen eine Fraktionserklärung der FDP.

Letzte Woche hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Schweiz gerügt, weil sie zu wenig gegen die Klimaerwärmung unternehme und damit die Menschenrechte älterer Frauen verletze. Weite Teile der Bevölkerung scheinen wenig Verständnis für dieses Urteil zu haben, das mit Greenpeace verbundenen Klimaseniorinnen gegen die Schweiz erzwungen wurde.

Im Urteil kommt kaum zu tragen, was die Schweiz und Ihre Parlamente in den letzten Jahren für den Klimaschutz gemacht haben und was vom Volk sanktioniert wurde. Hier im Kanton Zürich etwa auch das Energiegesetz, das von weiten Teilen der Gesellschaft von links bis ins liberale Lager getragen wird.

Für die FDP besteht die Gefahr, dass solche Urteile die Menschenrechtsidee als Ganzes diskreditieren. Der Grund dafür ist, dass das Urteil als solches schwer nachvollziehbar ist. Denn es steht in der Konvention kein Wort davon, dass ein Staat das Recht auf Privatleben älterer Frauen verletzt, wenn er angeblich zu wenig gegen die Klimaerwärmung unternimmt. Es handelt sich hier um eine sehr weite Interpretation der Richter am EGMR.

Die frühere deutsche EGMR-Richterin Renate Jaeger formulierte es in der NZZ wie folgt, ich zitiere: «Ein Gericht, das auf einer völkerrechtlichen Vereinbarung beruht, schaut sehr viel auf internationales ‹soft law›. Es besteht die grosse Verführung und Gefahr, mit einem Richterspruch ‹soft law› völkerrechtlich verbindlich zu machen.

Ob eine solche Rechtsfortbildung wirklich zielführend ist für die Akzeptanz des Gerichts, das eine so grosse Anzahl von diversen, demokratischen Gesellschaften vertritt, wird sich erst in Zukunft zeigen. Wir glauben, sie leisten mit dieser Rechtsfortbildung ihrem Ansinnen einen Bärendienst, weil sie den Reflex auf eine Kritik von aussen am eigenen Handeln aktivieren.

Noch ein Wort zum Vorwurf der fremden Richter. Der EGMR ist kein fremdes Gericht. Der EGMR ist ein eigenes Gericht und hat auch einen Schweizer Richter, der die Schweiz mitverurteilt hat. Ob man mit dem Entscheid des Gerichts einverstanden ist, hängt oft von der Parteistellung ab, das ist uns auch schon bei anderen, schweizerischen Gerichten passiert. Somit ist hier Vorsicht geboten, die Stellung des EGMR zu diskreditieren. Die Frage ist nicht ob das EGMR zuständig ist, es fragt sich, ob es man es als Land einfach hinnehmen soll, wenn die Strassburger Richter laufend neue Ansprüche aus der Konvention ableiten.