Appell an den Föderalismus

Seit 1848 funktioniert die Schweiz als Bundesstaat, der eine Einheit der Vielfalt unseres Landes bildet. Es hat sich bewährt, dass der Bund nur jene Aufgaben übernimmt, die nicht auf einer anderen Ebene erfüllt werden können, oder eine einheitliche Regelung benötigen. Ein Beispiel ist die Corona-Pandemie, in der gesamtschweizerische Vorgaben und eine zentrale Verwaltung nötig waren. Das zeigt auch die finanzielle Bilanz: Zwischen 85 und 90% der Ausgaben wurden vom Bund getragen. Hierbei gilt zu berücksichtigen, dass die Covid-Pandemie eine aussergewöhnliche Situation war und aussergewöhnliche Massnahmen erforderte.

Nichtsdestotrotz ist es bedenklich, wie rasch nach mehr Zentralisierung gerufen wird und die Stärken des Föderalismus vergessen gehen. Wenn es um das Bezahlen der Rechnung geht, lässt man zunehmend dem Bund den Vortritt. Dabei deutet nichts darauf hin, dass Zentralisierung Kosten senkt – ganz im Gegenteil. Föderalismus garantiert nicht nur Vielfalt in der Einheit, sondern gewährleistet auch eine gewisse finanzpolitische Disziplin.

Diese ist umso notwendiger, da die Bundesfinanzen arg strapaziert sind und sich der Handlungsspielraum verkleinert. Die ausserordentliche Verschuldung aufgrund der Covid-Pandemie beläuft sich auf rund 26 Milliarden Franken. Zudem werden die Vorgaben der Schuldenbremse ab 2024 nicht mehr eingehalten. Ein strukturelles Defizit von über einer Milliarde Franken ist denkbar.

Wie konnte das passieren? Gründe sind die Covid-Pandemie, der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise. Zudem führt die demografische Entwicklung zu mehr Kosten in der Altersvorsorge und im Gesundheitswesen. Auch in den Bereichen Klima, Armee, Forschung, Migration und soziale Sicherheit sind Mehrausgaben zu erwarten. Um aus dieser Kosten-Spirale auszubrechen, braucht es etwas Fantasie. Da die einfachsten Ideen oft vergessen werden, müssen wir den guten alten Föderalismus in Erinnerung rufen. Er kann mithelfen, die Ausgabendisziplin des Staates zu verbessern.

Johanna Gapany, Parteivizepräsidentin und Ständerätin FR

Johanna Gapany