Anzupackende Baustellen im Asylchaos

Bereits 2003 hatte CVP-Bundesrätin Ruth Metzler ein Transitabkommen mit einem Drittstaat unter Dach und Fach gebracht. Ziel war es, abgewiesene Asylsuchende, die nicht in ihr Heimatstaat zurückkehren können, in ein Drittstaat zuschicken. Der Grundsatz war damals vom EJPD akzeptiert worden: Abgewiesene Asylsuchende, die keinen internationalen Schutz benötigen, in ein Drittstaat zurückschicken. Rechtlich gesehen hatte niemand etwas einzuwenden. 

Heute fehlt dieser Mut, und die humanitäre Tradition der Schweiz muss mittlerweile als Deckmantel für Untätigkeit, Inkompetenz und ideologische Weltanschauung herhalten. Die Illusionen in diesem Bereich sind verflogen. Die europaweite Zunahme des Migrationsdrucks und damit auch der Unterstützung von rechtsextremen Bewegungen und Parteien müssten genügend Warnsignale sein. Die Bevölkerung hat leider in weiten Teilen den Glauben an funktionierende Asylsysteme verloren.  

Seit Dezember 2022 hat beispielsweise Italien das Dublin-Abkommen ausgesetzt. Hunderte von Dublin-Rückführungsfällen verbleiben in der Schweiz, obwohl Italien sie gemäss dem Dublin-Abkommen übernehmen müsste. Diese Fälle stellen eine hohe finanzielle Belastung für die Schweiz dar, die bereits mit einer starken Beanspruchung ihrer Unterbringungsstrukturen konfrontiert ist. Es sind die Kantone und deren Gemeinden, die die Folgen der Untätigkeit des Bundes zu tragen haben. 

Doch anstatt proaktiv zu handeln, reiste die Vorsteherin des EJPD Ende Mai 2023 ein einziges Mal nach Italien und kehrte mit der Botschaft in die Schweiz zurück, dass sie Verständnis für die Situation Italiens habe1. Tatsächlich scheint es nicht so, als ob sich das EJPD und das SEM der Unterbringungsprobleme bewusst wären, mit denen die Kantone konfrontiert sind. Diese passive Haltung ist bedauerlich und muss, aufgrund des parlamentarischen Auftrags welches durch die Annahmen unseres Vorstosses ausgelöst worden ist, forciert werden. 

Im Oktober gaben die Tessiner Kantonspolizei und die Tessiner Staatsanwaltschaft bekannt, zwei algerische Asylbewerber in Untersuchungshaft genommen zu haben. Sie wohnten im Bundesasylzentrum Pasture in Balerna bei Chiasso. Der Verdacht wiegt schwer: Einer der beiden Männer soll eine minderjährige Frau auf einer Zugsfahrt zwischen Lugano und Chiasso geschändet, also zu einer sexuellen Handlung genötigt haben. 

Wir wollen keine Gewalt in unserem Land, schon gar nicht solche von Menschen, die angeblich genau vor solcher Gewalt geflohen sind und bei uns Schutz suchen. Die Resultate der Wahlen im Oktober haben klar gezeigt, dass die Thematik Migration/Asyl besser thematisiert werden muss. Das Asylchaos stellt eine grosse Baustelle dar, die man zeitnah angehen muss, damit die Akzeptanz in der Gesellschaft erhalten bleibt. Umso erfreulicher ist es für uns, dass der Bundesrat in der Wintersession beauftragt worden ist mit Algerien die Rücknahmen zu adressieren. 

Wir haben in der Wintersession Lösungen an den Nationalrat getragen, aber Aufgrund fehlender Unterstützung der Mitte wurde die Motion, ein Pilotprojekt zur Rückführung von illegalen Eritreern in ein Drittland, abgelehnt. Leider bieten die Linken und die Mitte keine Hand für eine innovative Lösung, die eine nachhaltige Revision des Asylgesetzes ermöglicht. Das die bürgerliche Front nicht geschlossen ist und solche Lösungen kein Gehör finden ist bedauerlich. 

Und obwohl Asylsuchende aus Eritrea kein Asyl erhalten, weil sie keinen internationalen Schutz benötigen, bleiben sie auf Kosten der Steuerzahler in der Schweiz. Denn Eritrea weigert sich, Zwangsausschaffungen zu akzeptieren. Deshalb bleiben auch diejenigen in der Schweiz, die einen negativen Entscheid erhalten. Das ist nicht akzeptabel. Das muss sich ändern, und zwar schnell. Die FDP wird weiterhin die Bevölkerung ernst nehmen und setzt sich für eine harte, aber faire Migrationspolitik ein.

Damian Müller, Ständerat LU

Damian Müller