Gemeinsinn freisinniger Prägung

 

geschrieben von Philipp Müller, Nationalrat und Parteipräsident FDP.Die Liberalen
20110107

 

Was versteht die FDP eigentlich unter Gemeinsinn? Ist es das Gemeinwohl für alle, oder sind es doch eher Einzelinteressen, die am Ende vielleicht zum Wohle der Gemeinschaft beitragen? Verstehen wir unter Gemeinsinn eine Politik für wenige statt für alle? Oder geht es nur darum, ein paar Brotkrümel an Arme zu verteilen? Für die FDP bedeutet Gemeinsinn, die Menschen zu befähigen, Eigenverantwortung zu übernehmen und etwas zu leisten. Gemeinsinn bedeutet für uns nicht Umverteilung, wie das die lieben Genossinnen und Genossen so gerne tun.

 

 

 

Sprechen wir also vom Gemeinsinn freisinniger Prägung. Nehmen wir dazu als aktuelles politisches Beispiel die Unternehmenssteuerreform III. Hier geht es darum, die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz zu sichern, damit Werte geschaffen werden können. Es geht darum, den Wohlstand der Schweiz zu erhalten. Und es geht darum, die Schweiz als attraktiven Wirtschaftsstandort zu erhalten. Und wieso ist das wichtig? Weil ohne diese Rahmenbedingungen überhaupt niemand bereit wäre, Eigenverantwortung zu übernehmen und etwas zu leisten. Es könnte nichts erwirtschaftet werden, es wäre kein Geld vorhanden für Investitionen, wodurch auch nichts Neues entstehen würde. Würde alles immer umverteilt, hätte niemand mehr den Anreiz, Verantwortung zu übernehmen und voranzugehen.

 

Würde man hier der linken Logik folgen, wonach Erwirtschaftetes sofort umverteilt werden muss, damit für einen Moment alle gleich viel haben, würde man direkt auf die Nase fallen. Schaut man nämlich voraus, erkennt man den Stolperstein in dieser Denkweise: Umverteilung schafft Faulheit, wer faul ist, engagiert sich nicht. Wer sich nicht engagiert, trägt nichts zur Gemeinschaft bei, schafft keinen Gemeinsinn.

 

An dieser Stelle wurde bereits vor einer Woche über den Gemeinsinn freisinniger Prägung orakelt. Als Prüfstein wurde die Kapitalgewinnsteuer herangekarrt. Erlauben Sie mir daher ein paar Worte dazu. Sie gehört erstens nicht in die Diskussion um die Unternehmensbesteuerung, da es sich vor allem um die Besteuerung von natürlichen Personen handelt, also nicht um die Besteuerung von Unternehmen. Es handelt sich um eine Vermögenssteuer, und das Vermögen wird in der Schweiz bereits heute vergleichsweise hoch besteuert. Hier braucht es keine weitere Steuer. Von einer solchen zusätzlichen Belastung wäre beispielsweise auch ein Rentner betroffen, welcher sein Erspartes in Aktien angelegt hat und so seine Rente mit Kapitalgewinnen aufbessert. Es hätte überhaupt nichts mit Gemeinsinn zu tun, würden wir diese Reserven ein weiteres Mal besteuern. Zweitens ist die Kapitalgewinnsteuer mit einem grossen administrativen Aufwand verbunden. Ein solcher kostet vor allem viel. Drittens sind die Einnahmen durch eine Kapitalgewinnsteuer unbeständig, weil sie von den Entwicklungen auf dem Kapitalmarkt abhängen. Es ist eine unverlässliche Steuer.

 

Und wo ist nun der Gemeinsinn, wenn man die Kapitalgewinnsteuer ablehnt? Ganz einfach: Sie hält davon ab, mehr zu leisten. Wer keine Leistung erbringt, kann nichts investieren, schafft auch keine Arbeitsplätze, schafft keinen Gemeinsinn.

 

Die Schweiz braucht den Gemeinsinn. Dieser hat unser Land stark gemacht. Die FDP will die Schweiz einen, um Herausforderungen zu meistern und unsere Interessen durchzusetzen. Wir kämpfen für Arbeitsplätze, sichere Sozialwerke und einen bürgernahen Staat.

 

Erschienen am 27. Februar 2015 auf Politblog.