Sprachenstreit: Zurück zur Vernunft

Deutschschweizer Kantone wollen das Frühfranzösisch streichen. Nun mischt sich der Bundesrat ein und erwägt ein Gesetz, das die Kantone dazu verpflichten würde, in der Primarstufe eine zweite Landessprache zu unterrichten. Gefordert ist nun die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren, die bisher passiv agierte. Sie muss den Streit beenden. Nötig ist eine Lösung, die sowohl die cohésion wie auch den Föderalismus respektiert.

In mehreren Kantonen wird derzeit über die Abschaffung des Frühfranzösischs diskutiert. Damit wankt der sorgfältig austarierte Sprachfrieden in der viersprachigen Schweiz. Bürgerinnen und Bürger in den lateinischen Kantonen sorgen sich um die nationale Kohäsion.

Zweimal falsch

Dass Kantone wie Zürich ausgerechnet das Französisch streichen wollen und gleichzeitig das Frühenglisch beibehalten, ist unbedacht. Wie die FDP es schon letztes Jahr in ihrem Bildungspapier gefordert hat: Solange Frühfremdsprachen unterrichtet werden, müssen Landessprachen prioritär behandelt werden. FDP-Präsident Thierry Burkart: «Unsere Delegierten waren glasklar: Die Erstsprache hat Priorität. Doch wenn eine Frühfremdsprache gelehrt wird, dann muss dies eine Landessprache sein. Die nationale Kohäsion ist ein hohes Gut, das es zu schützen gilt.»

Nun aber knirscht es im föderalistischen Gebälk. Was macht der Bundesrat? Er erwägt ein Gesetz, das die Kantone dazu verpflichten würde, in der Primarstufe eine zweite Landessprache zu unterrichten. Damit riskiert er eine Ausweitung des Sprachenstreits und tangiert den Föderalismus, anstatt zuerst nach einer einvernehmlichen Lösung mit der EDK zu suchen. Für die FDP ist klar: Der Bund soll koordinieren und Anreize setzen, statt von vornherein zu diktieren, was die Schweizer Kantone bisher im Rahmen eines Konkordats geregelt haben.

Sprachfrieden retten

Frühfranzösisch abschaffen – oder den Föderalismus zerschlagen? Die FDP lehnt beides ab. Fraktionschef Damien Cottier: «In einem viersprachigen Land kann es nicht sein, dass wir eine Landessprache streichen und gleichzeitig Englisch beibehalten.» Um den Sprachenstreit zu lösen, müsse die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) Lösungen bieten: «Wenn die Kantone den Sprachfrieden wiederherstellen, dann braucht es auch keine neuen Gesetze aus Bern.»

Volksschule am Limit

In den Schweizer Schulen brodelt es, wie die unzähligen positiven Reaktionen auf das Bildungspapier der FDP zeigen. Der aktuelle Sprachenstreit kommt deshalb leider nicht überraschend. Parteipräsident Thierry Burkart: «Die Krise der Volksschule ist unübersehbar. Wenn ein Viertel der Schülerinnen und Schüler einen einfachen Alltagstext nicht mehr versteht, haben wir ein ernsthaftes Problem in diesem Land. Die Politik tut gut daran, die teils bedenklichen Zustände an unseren Schulen ernst zu nehmen.»

Seit über einem Jahr fordert die FDP eine Rückbesinnung auf die Grundkompetenzen. Zudem muss die Integrative Schule überdacht und Sprachklassen für Fremdsprachige etabliert werden. Dadurch würden zugezogenen Kinder eine faire Chance erhalten und der Regelunterricht würde entlastet.

Hausaufgaben für die EDK

Um den Sprachenfrieden zu retten, ist nun die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) gefordert. Deren Spitze muss eine Strategie vorlegen, um die Landessprachen und den Föderalismus zu schützen. Ebenso steht sie in der Pflicht, die strukturellen Probleme an der Volksschule anzuerkennen und Lösungen zu liefern. Ab heute sind die Konsequenzen eines Scheiterns der kantonalen Bildungspolitiker klar: Wenn sie versagen, dann diktiert der Bund.