Keine Sympathien für das Volksbegehren der Jungsozialisten - Klare Parole gegen die 99%-Initiative

Ramon Weber, Präsident der Jungfreisinnigen Thurgau, hatte an der hybriden Mitgliederversammlung der FDP Thurgau am Donnerstagabend ein Heimspiel. Seine Kontra-Argumente gegen die 99%-Initiative der Jungsozialisten stachen. Die physisch und digital anwesenden Thurgauer Freisinnigen fassten die Nein-Parole.

 

Unter der Leitung von Philipp Gemperle lieferten sich Mia Jenni, Geschäftsleitungsmitglied der JUSO Schweiz, und Ramon Weber, Präsident der Jungfreisinnigen Thurgau, einen regen Schlagabtausch. Das 2019 eingereichte Volksbegehren «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern (99%-Initiative)» der Jungsozialisten verlangt, dass Kapitaleinkommen wie etwa Zinsen und Dividenden eineinhalbmal so stark wie Arbeitseinkommen besteuert werden. «Die Initiative erschwert Nachfolgeregelungen massiv und ist eine Gefährdung für Substanz und Stabilität», befürchtet Ramon Weber. «Wir müssen den Anstieg der sozialen Ungleichheit in der Schweiz stoppen», hielt Mia Jenni dagegen. Intensiv diskutiert wurde sowohl im Saal wie auch im digitalen Chat. Verschiedene Redner sahen diese Initiative als frontalen Angriff gegen KMU-Betriebe und befürchten schwerwiegende Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. «Wir haben ein System, das wir nicht durcheinanderbringen sollten», meinte etwa Andrea Roth, Präsident der Arbeitgebervereinigung Region Romanshorn und CEO eines im Familienbesitz stehenden Traditionsunternehmens. «Um weiterhin nachhaltige Arbeitsplätze anbieten zu können, sind wir auf Unternehmerinnen und Unternehmer angewiesen, die bereit sind, Kapital dafür zur Verfügung zu stellen». Die Nein-Parole für die am 26. September 2021 zur Abstimmung kommende 99%-Initiative fiel mit 58:1 Stimmen sehr deutlich aus. Einstimmig genehmigten die Mitglieder die von Kassier Christoph Aeschbacher präsentierte Jahresrechnung 2020 mit einem Gewinn von rund 900 Franken.

Fit für die Zukunft

Parteipräsident Gabriel Macedo und Fraktionspräsident Anders Stokholm liessen in ihren Jahresberichten das durch die Pandemie geprägte 2020 Revue passieren. Im Mittelpunkt: Die Erneuerung der Parteileitung, das Zukunftsprojekt «Movimento», die erfolgreiche Wiederwahl von Regierungsrat Walter Schönholzer, eine sehr aktive Fraktion, neue digitale Kommunikationsinstrumente und das Motto «Stillstand vermeiden – Versorgung sichern – Wirtschaft stärken». Wie sich die FDP Thurgau und die FDP Schweiz für die Zukunft rüsten, erfuhren die interessierten Zuhörenden aus der Gesprächsrunde mit Petra Gössi, Gabriel Macedo und Martina Pfiffner Müller. Die kantonale und nationale Parteispitze tauschte sich vor gut einem Monat im Greuterhof Islikon zu den Zukunftsprojekten «Movimento» und «Enkelstrategie» aus. Die Gesprächsrunde wurde aufgenommen und an der Mitgliederversammlung als Film eingespielt. Fazit: Heute ist Morgen. «Und dafür braucht es uns alle», brachte es Parteipräsident Gabriel Macedo auf den Punkt.

Lob für Petra Gössi

Schliesslich äusserte sich Gabriel Macedo in persönlichen Worten zum Rücktritt von Petra Gössi. «Unsere sehr geschätzte Parteipräsidentin hat keinen Kurswechsel vollzogen, sondern uns vielmehr mutig zurück zu unseren Wurzeln geführt.» Denn Nachhaltigkeit und Ökologie hätten schon vor vielen Jahren zur DNA der FDP gehört, seien aber innerhalb der Partei zwischenzeitlich etwas in den Hintergrund geraten. Für Gabriel Macedo ist klar: «Wir müssen noch fassbarere Botschaften und Forderungen stellen, uns klarer von der grünen Verbotskultur abgrenzen, technischen Fortschritt zulassen und Innovationen fördern. Also weg von der grünen hin zu einer blauen Ökologie.» Der frühere Kantonalpräsident Hans Weber rief in Erinnerung: «Verschiedene Meinungen tun uns gut. Nach getroffenen Mehrheitsentscheiden sollten wir aber loyal auftreten».


Grosses Interesse – klare Entscheide

Die seit letztem Jahr praktizierte hybride Versammlungsform kommt bei den Thurgauer Freisinnigen gut an. Gegen 100 Personen nutzten am Donnerstagabend das Livestreaming von zu Hause aus. Weitere 40 Personen tauschten sich persönlich aus. An den anonymen Abstimmungen beteiligten sich bei der jüngsten Auflage insgesamt 59 Personen – sei es auf dem digitalen Kanal oder mit Stimmzettel vor Ort.


Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern (99%-Initiative)»

NEIN-Parole (58 NEIN, 1 JA, 0 Enthaltungen)

Jahresrechnung 2020 der FDP Thurgau

JA (einstimmig)