Abschottung ist kein Rezept für die Schweiz!

Mit der Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter («Selbstbestimmungs»-Initiative)» wird dem Schweizer Volk mehr Selbstbestimmung in Bezug auf internationale Verträge versprochen. Damit streut man den Wählerinnen und Wählern Sand in die Augen. Die Initiative schränkt die Handlungsfähigkeit der Schweiz in ihrer Wirtschafts- und Aussenpolitik massiv ein. Die «Selbstbestimmungs»-Initiative gefährdet dadurch Wohlstand, Stabilität und Rechtssicherheit.

Die Schweiz lässt sich keine Verträge aufzwingen und entscheidet schon heute selbst – auch wenn die SVP gerne etwas anderes propagiert. Falls ein Vertrag nicht mehr im Interesse der Schweiz liegt und sie benachteiligt, kann sie diesen schon heute kündigen. Unsere Verfassung ist alles andere als in Stein gemeisselt: Mehrmals jährlich stimmen wir über Änderungen ab. Jede Bürgerin und jeder Bürger dieses Landes kann 100 000 Unterschriften für eine Volksinitiative sammeln, um gegen «ungewollte» Verträge vorzugehen. Oftmals ist eine pragmatische Lösung aber erstrebenswerter als eine radikale Kündigung eines Vertrags.

Initiative führt zur Abschottung

Die «Selbstbestimmungs»-Initiative beinhaltet zudem eine hochproblematische Rückwirkungsklausel. Diese stellt rückwirkend alle internationalen Verträge in Frage, die nicht dem Referendum unterstanden. Alle internationalen Verträge stehen demnach unter einem Damoklesschwert. Eine Annahme der Initiative führt zu einer Abschottung der Schweiz. So besteht beispielsweise eine Unverträglichkeit zwischen Bundesverfassung und internationalen Verträgen bei der Masseneinwanderungsinitiative. Die SVP ist nach eigenen Aussagen nicht zufrieden mit deren Umsetzung. Sie hat es jedoch gar nicht erst versucht, die nötigen 50 000 Unterschriften für ein Referendum zu sammeln. Als selbsterkorene Partei des Volkes erscheint es etwas ironisch, dass die hochgelobten direktdemokratischen Instrumente nicht verwendet wurden.

Freihandelsabkommen mit China müsste gekündigt werden

Die Auswirkungen einer solchen Politik der SVP lassen sich bestens am Beispiel des Freihandelsabkommens mit China aufzeigen. Das Freihandelsabkommen wurde vor der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative unterzeichnet. Es beinhaltet befristete Freizügigkeitsrechte für Dienstleistungserbringer, die mit dem neuen Verfassungstext der MEI nicht hundertprozentig kompatibel sind. Dadurch besteht ein potenzieller Normenkonflikt, der die Schweiz zu Neuverhandlungen oder einer Kündigung zwingt. Mit dem Kündigungszwang im Nacken ist eine Neuverhandlung unmöglich. Die Schweiz müsste eines ihrer wichtigsten Wirtschaftsabkommen künden.

Diese Bedrohung führt zu Rechtsunsicherheit und bedroht unseren Wohlstand. Die Initiative bedroht insgesamt rund 5000 internationale Vertrage. Davon sind 600 internationale Wirtschaftsverträge, welche unseren rund 97 000 Exportunternehmen den Zugang zu den globalen Absatzmärkten ebnen. Die «Selbstbestimmungs»-Initiative nimmt uns als Exportweltmeister so die Chance auf dem internationalen Parkett mitzuspielen. Sie führt die Schweiz in die internationale Isolation. Ich setze mich für eine starke Schweiz ein und wehre mich daher vehement gegen diese Initiative – aus Liebe zur Schweiz, unserer Wirtschaft und unseren internationalen Beziehungen.

Walter Müller