… wenn doch nur der Franken nicht so stark wär!

 

geschrieben von Rolf Büttiker, Ständerat SO

Das Sorgenbarometer der Schweizer Bevölkerung zeigt noch immer klar und eindeutig auf, dass die Ängste über einen drohenden Arbeitsplatzverlust dominieren. Zwar sind die Statistiken über die Arbeitslosenzahlen gerade auch im Kanton Solothurn absolut im grünen Bereich. Alles scheint vordergründig in Ordnung zu sein. Aber langsam hinterlässt der ohne Grenzen steigende Frankenkurs spürbare Bremsspuren in der schweizerischen Wirtschaft. Vor allem auch die exportorientierte Solothurner Industrie ist von dieser unerfreulichen Perspektive massiv betroffen. Arbeitsplatzverlust und Firmenverlegungen ins Ausland drohen!

 

 

 

a) Zu den besorgniserregenden Fakten:

 

Im zweiten Halbjahr 2010 hat der Franken mit einem Wechselkurs von deutlich unter 1.30 Fr./Euro gegenüber dem Euro neue Rekordwerte erreicht. Gegenüber dem Dollar bewegt sich der Franken seit Ende September unter Parität. Der Franken/Pfund-Kurs liegt seit August unter 1.60 Fr./£. Gewichtet nach den jeweiligen Exportanteilen hat sich der Franken seit Anfang 2009 um fast 10% aufgewertet. Seit 2007 betrug die Aufwertung sogar mehr als 20 Prozent.

 

b) was bedeutet der starke Franken für die Wirtschaft?

 

Die Schweiz als kleine, offene Volkswirtschaft ist wirtschaftlich stark mit dem Ausland verflochten. Das Verhältnis Exporte zu Bruttoinlandprodukt beträgt über 50 Prozent. In kaum einem anderen Land in Europa sind die Exporte so bedeutend für die Wirtschaftsentwicklung. 60 Prozent der ausgeführten Waren gehen in die EU. Noch grösser ist die Bedeutung der EU im Tourismus (über 70 Prozent).

 

Dementsprechend gross ist die Bedeutung des Frankenkurses. Wertet sich der Franken gegenüber den ausländischen Währungen auf, verteuern sich die Schweizer Produkte. Ein ausländischer Kunde muss nun beispielsweise mehr für eine Schweizer Maschine bezahlen als für eine ausländische, ausser der Schweizer Exporteur senkt den Preis. Auch die Ferien in der Schweiz werden für die ausländischen Gäste teurer. Touristen überlegen, ihre Ferien anderswo als in der Schweiz zu verbringen.

 

Umgekehrt macht der stärkere Franken die Einkäufe von Schweizerinnen Schweizern im Ausland billiger. Die Preise von Importprodukten sinken. Eine Firma kann zum Beispiel die Investitionsgüter billiger im Ausland beziehen als vorher. Auch die Ferien im Ausland kosten weniger. Die Schweizer Anbieter sind daher nicht nur gegenüber den Konkurrenten im Ausland im Nachteil, sonder auch gegenüber denjenigen im Inland.

 

All dies schlägt früher oder später auch auf den Arbeitsmarkt durch. Die Negativ-Spirale beginnt sich zu drehen. Denn können die Firmen vor allem im Export weniger verkaufen oder müssen sie die Preise senken, sinken die Margen. Und die Gewinne von morgen sind via Investitionen ja bekanntlich die Arbeitsplätze von übermorgen!

 

c) Was ist zu tun? Guter Rat ist teuer …!

 

Ist es überhaupt möglich, dass Politik und Nationalbank eine Aufwertung verhindern können? In der jetzigen schwierigen Situation rufen viele einfach nach Interventionen auf dem Devisenmarkt. Dabei muss man sich aber immer im Klaren sein, dass fixe Wechselkurse, ein freier Kapitalmarktverkehr und eine unabhängige Geldpolitik einfach nicht gleichzeitig zu haben sind. Denn ein „fester=richtiger“ Wechselkurs kann somit nur durch einen Verzicht auf einen freien Kapitalverkehr oder auf eine unabhängige Geldpolitik erreicht werden. Beide Möglichkeiten sind für mich keine nachhaltigen Lösungen. Denn eine Volkswirtschaft wie die schweizerische, die einen Eingriff in den Devisenmarkt mit dem Ziel der „richtigen Höhe“ des Wechselkurses anstrebt, muss über gewaltige Devisenvorräte verfügen. Die Schweiz verfügt zwar über erhebliche – aber nicht unbegrenzte – Devisenreserven. Unser Land ist aber mit dem volkswirtschaftlich bedeutenden Finanzsektor bereits derart stark in die internationalen Finanzmärkte eingebettet, dass Kontrollen oder irgendwelche Beschränkungen des Kapitalverkehrs keine wirklich realistischen Lösungsvarianten darstellen. Die Geldpolitik der Nationalbank muss sich deshalb in erster Priorität auf die Wahrung der Preisstabilität ausrichten.

 

d) Für mich stehen vier Massnahmen im Vordergrund

 

  1. Vertrauen in den Euro-Raum als Ganzes stärken:
    Wenn in den Euro einfach kein Vertrauen zurückkehrt, nützen alle Interventionen auf den Devisenmärkten nichts. Solange eben über die Abschaffung und Aufspaltung des Euro diskutiert wird, kann sich kein Wert-Boden bilden. Konkret bedeutet dies aber, dass den überschuldeten Euroländern aus der Not geholfen werden muss. Und dazu braucht es wohl oder übel auch einen Beitrag der Schweiz. Nötig deshalb die Zustimmung zum IWF-Kredit!

  2. Den Volkssport „Spekulation“ bremsen
    Es besteht der Verdacht, dass Hedge Funds und vor allem ausländische Grossbanken gegen den Euro spekulieren. Damit schwächen sie den Euro weiter. Während ausländische Banken schwieriger in die Pflicht genommen werden können, erwarte ich, dass die Schweizer Banken sich nicht an der Spekulation beteiligen. Sie würden sich andernfalls als Gehilfen für die Verschärfung der grössten Herausforderung für unser Land 2011 schuldig machen. Der Zorn der Exportbranche wäre ihnen gewiss.

  3. Prüfen weiterer Massnahmen wie höhere Eigenmittel für ausländische Geldeinlagen oder befristete Negativzinsen.
    Der Drang zum vermeintlich sicheren Schweizer-Franken-Hafen ist ungebrochen. Zwar sind Massnahmen wie höhere Eigenmittel für ausländische Gelder oder befristete Negativzinsen für den Finanzplatz schädlich und nützen wenig, doch als ultima ratio gegen Banken, welche sich an der Spekulation gegen den Schweizer Franken beteiligen, könnten sie geprüft werden.

  4. Währungsrisikoversicherung?
    Ich begrüsse die Initiative des Bundesrates sehr, auf höchster Ebene mit den Spitzen der Grossbanken möglichst rasch das Gespräch zu suchen. Und warum nicht eine Währungsrisikoversicherung einführen?

Als Daueraufgabe haben aber Politik und Nationalbank dafür zu sorgen, dass die Hindernisse, die einer Stärkung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit der in der Schweiz produzierenden Unternehmen entgegen stehen, zu beseitigen. Und bei dieser Herkulesaufgabe gibt es für die schweizerische Wirtschaftspolitik – wie die letzte Session eindrücklich gezeigt hat – in Zukunft und vor allem im kommenden Wahljahr noch viel zu tun!

 

Ich wünsche allen einen guten Sprung ins kommende Jahr, und im Oktober die richtige Wahlentscheidung – aus Liebe zur Schweiz!