«Spuhler weiss genau, worum es geht»

 

 

geschrieben von Christian Kamm, St. Galler Tagblatt vom 9. August 2011.

Herr Messmer, haben Sie sich schon bei SVP-Nationalrat Peter Spuhler bedankt?

 

Werner Messmer: Nein. Müsste ich?

 

 

 

Spuhler hat öffentlich gesagt, dass er die SVP-Initiative «gegen Masseneinwanderung» nicht unterschreiben wird.

 

Messmer: Das ist für mich eine Bestätigung, dass Peter Spuhler seine eigene Firma, die zu drei Vierteln vom Export lebt, nicht verleugnet. Er weiss ganz genau, worum es hier geht. Und er ist ehrlich genug, dieses Thema nicht zu verpolitisieren, sondern zum Wohl des Standortes Schweiz zu entscheiden.

 

Die FDP hofft, dass weitere SVP-Unternehmer Spuhlers Beispiel folgen. FDP-Präsident Pelli hat Vertretern des SVP-Wirtschaftsflügels extra einen Brief geschrieben – sie sollen «Farbe bekennen».

 

Messmer: Diese Hoffnung ist berechtigt. Auch die SVP hat Exponenten, die erkennen, was der Wirtschaftsstandort braucht. Und er braucht alles andere als eine solche Initiative, welche die Personenfreizügigkeit gefährdet.

 

Mit ihrem Brief ruft die FDP den SVP-Wirtschaftsflügel faktisch dazu auf, sich gegen die eigene Partei zu stellen. Das könnte sich auch kontraproduktiv auswirken.

 

Messmer: In einem solchen Moment wie jetzt darf man nicht taktisch überlegen. Jetzt geht es darum, der Öffentlichkeit absolut reinen Wein einzuschenken. Und da gibt es nur eines: saubere, klare Position beziehen.

 

Der FDP-Präsident findet, die SVP-Zuwanderungs-Initiative sei ein «Frontalangriff auf Wohlstand und Stabilität in der Schweiz». Ist das nicht übertrieben?

 

Messmer: Nein. Mit der Personenfreizügigkeit sind rund 350 000 neue Arbeitsplätze entstanden. Vorwiegend besetzt durch Leute mit höherer Bildung. Das hat weitere Arbeitsplätze geschaffen, und die Arbeitslosigkeit ist von über 4 auf 2,8 Prozent gesunken. Dies haben wir nur erreicht dank der Personenfreizügigkeit. Fällt sie weg, werden tatsächlich unser Wohlstand und die Wirtschaftsentwicklung gefährdet. Wenn wir beginnen, mit der Personenfreizügigkeit zu spielen, könnte das die ganzen Bilateralen gefährden. Das wäre dann wirklich das «Worst Case»-Szenario.


Eigentlich müssten Sie als Vorstandsmitglied des Schweizerischen Gewerbeverbandes auch noch einen Brief schreiben – an Verbandspräsident und SVP-Nationalrat Bruno Zuppiger. Der will sich nicht von der Zuwanderungs-Initiative distanzieren.

 

Messmer: Da sind Sie nicht auf dem jüngsten Stand. Der Schweizerische Gewerbeverband hat sich immer hinter die Personenfreizügigkeit gestellt. Diesen Monat findet nochmals eine Sitzung zum Thema statt. Und Bruno Zuppiger hat sich dazu bekannt, dass die Haltung, die der Gewerbeverband beschliesst, für ihn massgebend ist.

 

Im Zweifel für den Verband?

 

Messmer: Genau. Herr Zuppiger hat bei seiner Wahl zum Präsidenten gewusst, dass die Interessen des Gewerbeverbands den parteipolitischen vorzugehen haben. Das ist er sich bewusst. Allerdings ist damit